Mobile Forschung im Tierpark

Die Forscherinnen und Forscher des BMBF-geförderten Projekts VITALab.Mobile erforschen den Einsatz von Technologien der augmentierten (AR) und virtuellen (VR) Realität in medizinischen Anwendungen.

VR-Studie im VITALab.Mobile.
Ein Blick ins VITALab.Mobile. Virtuelle Realität wird mobil.©BMBF

Mit Virtual Reality (VR)-Technologien lassen sich nicht nur digitale Welten erkunden. Sie haben auch ein enormes Potenzial für die medizinische Forschung und Therapie. Dies zeigt das VITALab.Mobile der Berliner Hochschule für Technik aktuell im Berliner Tierpark. Vor allem aber zeigt es, wie VR-Forschung durch Mobilität den Menschen nah sein kann. Das Projekt-Team arbeitet hier gemeinsam mit der Klinik für Neurologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin an einer Studie zur Erforschung der Gedächtnisbildung. Die Entstehung dauerhafter Gedächtnisinhalte ist bisher noch unzureichend verstanden, jedoch bei zahlreichen Erkrankungen wie Demenz stark beeinträchtigt.

Das VR-Labor ist Teil der Förderbekanntmachung Interaktive Systeme in virtuellen und realen Räumen - Innovative Technologien für ein gesundes Leben des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBMF) und mobiles Labor für Feldstudien im medizinischen Bereich. Der 7,5 Tonnen schwere Lastwagen ist begehbar und verfügt im Innenraum über VR-Anwendungen, die Nutzerinnen und Nutzer immersiv eine VR-Umgebung einführen. Man findet sich also in einer virtuellen Realität wieder, die beliebig veränderbar ist: ob Tierpark oder Berlin-Mitte, die Möglichkeiten sind vielfältig. Auf 2,5 mal 4 Metern innerhalb des Trucks tauchen sie in eine virtuelle Realität ein.

Studie im Berliner Tierpark durchgeführt vor Schloss Friedrichsruhe.
Das VITALab.Mobile vor Schloss Friedrichsruhe im Berliner Tierpark.©Kristian Hildebrand

Neben medizinischer Anwendung auch Spaßfaktor
Bei der aktuellen Studie des Charité-Projekts Berlin Zoo Task geht es darum, die Prozesse der räumlichen Gedächtnisbildung besser zu verstehen. Testpersonen, die bisher noch nie im Tierpark gewesen sind, erkunden auf einem Spaziergang zunächst für zwei Stunden den Berliner Tierpark. In dieser Zeit bilden die Probandinnen und Probanden räumliche Erinnerungen. Nach der Erkundung steigen sie in das VITALab.Mobile ein. Ausgestattet mit einer VR-Brille werden sie in eine digitale Version des Tierparks versetzt. Nun müssen sie einige kleinere Aufgaben lösen. „Das hat neben der medizinischen Anwendung auch einen hohen Spaßfaktor“, sagt Prof. Dr. Kristian Hildebrand von der Berliner Hochschule für Technik in Berlin. Beispielsweise müssen die Probandinnen und Probanden die erinnerte Lage eines Tiergeheges in Bezug zu einem bestimmten Punkt im Tierpark beschreiben. Dafür bekommen Sie einen Tracker: eine Art Controller, mit dem die Nutzerinnen und Nutzer Richtungen im virtuellen Raum angeben können. Auf diese Weise zeigen sie, wie gut ihr räumliches Gedächtnis funktioniert. „Der Tierpark eignet sich dafür hervorragend“, so die Projektmitarbeiterin und Neurologin der Charité Dr. Deetje Iggena. „Der Tierpark ist ein großer in sich geschlossener und gut strukturierter Raum. Außerdem lernen wir meist schon als Kinder viel über Tiere, so dass ihre Namen und die Lage ihrer Gehege sehr einprägsam sind.“

Eine Probandin steht im Laderaum des VITALab.Mobile Trucks und trägt eine VR-Brille und hat den Tracker in der Hand. Sie reagiert auf die Eindrücke aus der virtuellen Welt und interagiert in ihr, etwa indem sie die Arme ausbreitet. Ein Monitor zeigt, was in der virtuellen Welt der Probandin zu sehen ist: der Berliner Tierpark. Am Rande des Sichtfelds befinden sich Aufgaben, die zu lösen sind.  Insbesondere geht es um Orientierung. Die Testperson soll z. B. mit dem Tracker die Richtung zum Haupteingang anzeigen. Für jede Antwort erhält sie eine Punktzahl.

Unbegrenzte Möglichkeiten
Die Studie der Charité ist dabei nur eine der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten des VR-Trucks. „Wir sehen uns als Dienstleister für medizinische Studien verschiedenster Art“, sagt Prof. Hildebrand. Beispielsweise wurden im VITALab.Mobile Therapieformen erprobt, bei denen Testpersonen Koordinationsübungen machen konnten. Ein Avatar leitete sie dabei in einer vollständig digitalen Umgebung – etwa einem gemütlich eingerichteten Wohnzimmer – an. So entstehen Symbiosen mit anderen Forschungsgruppen. „Neurologinnen und Neurologen zum Beispiel haben die Kompetenzen, die wir nicht haben und umgekehrt“, so Prof. Hildebrand.

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"Die Technik zum Menschen bringen." Das VITALab.Mobile macht den Einsatz von VR-Technologie an verschiedenen Orten möglich.©Kristian Hildebrand

Diese Erfahrung macht das Team des VITALab.Mobile auch im Berliner Tierpark. Dieser habe im Übrigen noch einen weiteren Vorteil, so Hildebrand. Jeden Tag kämen zahlreiche unterschiedliche Menschen vorbei und sehen den Truck. So seien die Forscherinnen und Forscher mit ihrer Arbeit nah bei den Menschen. „Unser Fokus liegt darin, die Wissenschaft zum Menschen zu bringen“, so Prof. Hildebrand.

 

Weitere Informationen:

Projektsteckbrief zu VITALab