
KI verbessert Entscheidungen von Tumorboards
Die Forschenden entwickelten ein auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierendes Assistenzsystem, das urologisch-onkologische Tumorboardentscheidungen verbessert. Tumorboards spielen eine zentrale Rolle bei der Planung individueller Krebstherapien, da sie interdisziplinäre Expertise bündeln und gemeinsam Therapieempfehlungen erarbeiten. Zur Entwicklung der KI erstellten die Forschenden eine umfassende Patientendatenbank. Zudem entwickelten sie ein Dashboard, das automatisiert Therapien empfehlen kann.
In den westlichen Industrienationen tritt ein Viertel der Tumorerkrankungen an Organen des Urogenitaltrakts auf. Um eine optimale Therapie empfehlen zu können, ist nicht nur die Berücksichtigung zahlreicher individueller Symptome und Umstände der Patientinnen und Patienten erforderlich, sondern auch ein umfangreiches, sogar von Expertinnen und Experten kaum zu überblickendes Fachwissen.
Ein interdisziplinäres Team trifft sich wöchentlich zu einem sogenannten Tumorboard. Hier entscheiden die Spezialistinnen und Spezialisten gemeinsam, welche Therapie sie den Patientinnen und Patienten nach aktuellem Wissensstand empfehlen möchten. KI-basierte Systeme, die auf große Patientendatenbanken zurückgreifen, könnten bei diesen Entscheidungen unterstützen.
Aus Hunderttausenden von Datensätzen über Patientinnen und Patienten mit den drei wichtigsten Tumorentitäten Prostata-, Urothel- und Nierenzellkarzinom erstellte das Forschungsteam eine umfassende Datenbank. Diese diente als Grundlage für die Entwicklung einer innovativen KI. Die Forschenden trainierten die Technologie in einem zweistufigen Prozess, der die Empfehlungen von Tumorboards nachahmt: Zunächst sagt sie grob die Therapieart vorher und spezifiziert diese dann im zweiten Schritt. So trifft sie nicht eine einzelne Therapieentscheidung, sondern generiert die Empfehlung auf verschiedenen Ebenen.
Zudem entwickelten die Forschenden ein Dashboard, das nicht nur die automatisierten Therapieempfehlungen anzeigt, sondern auch erklärt, wie es zu der jeweiligen Einschätzung gelangt ist: In Form von Diagrammen illustriert es die Faktoren, die den höchsten Einfluss auf den Therapievorschlag hatten, und schafft so erklärbare Ergebnisse und Vertrauen bei den Anwendenden.
Da sich Studiendaten manuell in das System integrieren lassen, kann es zusätzlich zum individuellen Therapievorschlag automatisch passende, evidenzbasierte Studieninformationen für die Therapieentscheidung verfügbar machen.
Die Projektergebnisse zeigen, dass die Empfehlungen der Technologie eine Genauigkeit von über 70 Prozent erreichen. Je nach Tumoridentität und Empfehlung liegt die Genauigkeit sogar bei bis zu 90 Prozent. So entstand im Projekt der weltweit erste Prototyp eines KI-Assistenzsystems für Tumortherapieempfehlungen inklusive Erklärbarkeit in der urologischen Onkologie.
Das entwickelte System kann menschliche Fehler, Risiken und Nebenwirkungen reduzieren. So verbessert es nicht nur die Behandlungsqualität und das Langzeitüberleben der Patientinnen und Patienten, sondern auch deren Lebensqualität und Zufriedenheit.
Im nächsten Schritt sollte in verschiedenen Kliniken evaluiert werden, ob die Technologie diese guten Ergebnisse im klinischen Alltag zunächst für das Prostata-, Urothel- und Nierenzellkarzinom reproduzieren kann und sich somit als zertifiziertes Medizinprodukt eignet. Nach Etablierung in der Urologie ließe sie sich auch für weitere onkologische Erkrankungen entwickeln, um zur Verbesserung der nationalen und internationalen Krebsversorgung beizutragen.
Projektsteckbrief
Projekt-Website
Beitrag im European Journal of Cancer