Interview mit Stefan Schneegaß vom Projekt Federleicht zum Tag des Bleistifts

Am 30. März ist internationaler Tag des Bleistifts. Denn am 30. März 1858 erhielt der US-Amerikaner Hymen L. Lipman das Patent für einen Bleistift mit einem am Stiftende befestigten Radiergummi. Die Entwicklung von Lernmaterialien ist seitdem nicht stehen geblieben. Das BMBF-geförderte Projekt „Federleicht“ arbeitet an einem Lernsystem für die erweiterte Realität.

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Adobe Stock/wavebreak3

Lernmaterialien, die mit Stift und Papier bearbeitet werden, werden um virtuelle Informationen erweitert. Ein intelligenter Stift erfasst über Sensoren relevante Informationen zum Kontext der Lernsituation – wie etwa die kognitive Belastung der Schülerinnen und Schüler.

Wie das genau funktioniert, erklärt Prof. Dr. Stefan Schneegaß von der Universität Duisburg-Essen im Interview.

Herr Prof. Dr. Schneegaß, heute ist der „internationale Tag des Bleistifts“. Könnte man Ihre technologische Lösung als Weiterentwicklung des Bleistifts sehen?
In der Tat ist es eine konsequente Weiterentwicklung, wie wir sie bei anderen Geräten ebenfalls gesehen haben. Beispielsweise wurden Mobiltelefone zu Smartphones und Armbanduhren zu Smartwatches – jetzt arbeiten wir daran, einen Bleistift zu einem smarten Stift zu machen.

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Prof. Dr. Stefan Schneegaß, Inhaber der Juniorprofessor für Informatik an der Universität Duisburg-Essen.©UDE/Frank Preuß

Wie genau funktioniert das Augmented Reality-Lernsystem, an dem Sie arbeiten?
Das Federleicht-Lernsystem verbindet die Datenerfassung durch den smarten Stift mit der Darstellung in der Augmented Reality, der erweiterten Realität. Das Lernsystem zeichnet auf, was die Schülerinnen und Schüler schreiben. Wenn das System feststellt, dass etwa ein Wort falsch geschrieben wurde, wird der geschriebene Text um virtuelle Korrekturhinweise ergänzt. Zusätzlich nutzen wir den smarten Stift, um physiologische Informationen über die Schülerinnen und Schüler zu erhalten. Erkennt das Lernsystem dann eine zu hohe Anspannung, kann es Hilfestellungen anbieten oder einfachere Aufgaben vorschlagen.

Das System misst sogar die Belastung der Schülerinnen und Schüler in Lernsituationen. Wie macht es das? Welche Parameter misst es?
Wir explorieren momentan verschiedene Sensoren, die hierzu in Frage kommen. Physiologische Eigenschaften wie die Herzrate oder der Hautleitwert können uns helfen, Rückschlüsse auf die Belastung zu ziehen. Zusätzlich untersuchen wir die Stifthaltung und das allgemeine Schreibverhalten.

Inwiefern ist das Lernsystem eine kognitive Erleichterung für Schülerinnen und Schüler?
Das Lernsystem soll die Schülerinnen und Schüler nicht ablenken, sondern gezielt Hilfestellungen durch Lernvorschläge oder durch die Auswahl einfacherer Aufgaben anbieten. Hierfür wollen wir mit dem smarten Stift die Belastung messen und rechtzeitig vor einer Überlastung unterstützend eingreifen.

Könnte das System flächendeckend Anwendung finden?
Die Technologie, die wir nutzen, wird in ähnlicher Weise auch in Smartwatches und anderen Wearables eingesetzt; sie lässt sich also bereits in Masse kostengünstig herstellen. Bei dem Lernsystem setzen wir ebenfalls auf eine günstige Lösung und wollen die Augmented Reality nicht auf teuren Datenbrillen, sondern auf Smartphones oder durch eine Projektion darstellen.

Der Lernstoff in der Schule unterscheidet sich ja von Fach zu Fach und von Schulform zu Schulform sehr stark. Ist das System für alle Lerninhalte gleichermaßen gut geeignet?
Dies gilt es herauszufinden. Der erste Fokus liegt auf Rechtschreibung und Mathematik, da beides Schwierigkeiten bei Schülerinnen und Schülern verursacht und gut kontrollier- und überprüfbar ist.

Gibt es zu Federleicht schon erste Rückmeldungen von Schülerinnen und Schülern oder von Schulen?
Momentan sind wir noch in der ersten Entwicklungsphase und konnten pandemiebedingt unsere Ideen noch nicht in der Schule untersuchen. Wir haben jedoch Kontakt zu interessierten Lehrkräften sowie Eltern und werden diese im Rahmen einer mensch-zentrierten Entwicklung mit einbeziehen.

Wo werden Sie Ihre Lösung im nächsten Schritt erproben?
Es ist geplant, das System in Schulen einzusetzen, da wir nur so herausfinden können, ob es einen Mehrwert bietet und wirklich funktioniert. Dies ist allerdings erst gegen Ende des Projektes vorgesehen. Hier stehen wir unter anderem mit dem Gymnasium Heißen in Mülheim an der Ruhr im Kontakt.

Herr Schneegaß, wie danken Ihnen für das Gespräch.

 

Weitere Informationen zum Projekt:

https://www.interaktive-technologien.de/projekte/federleicht

https://www.federleichtlernen.de/