Interview mit Christoph Jähne: Der Stand der Technik der Servicerobotik reicht noch nicht für den Pflegebereich aus

Der Projektpartner Franka Emika GmbH forscht in einem der verschiedenen Verbundprojekte im Rahmen der BMBF Bekanntmachungsreihe „Roboter für Assistenzfunktionen“. Themenschwerpunkt ist Interaktionsfähigkeit.

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© © Christoph Jähne

Das Interview wurde im November 2019 geführt.

Was ist Inhalt Ihres Projekts KoBo34?

Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines zweiarmigen Serviceroboters für den Bereich der Geriatronik (also technisch unterstütze Pflege). Kurzfristiges Ziel ist ein technisches Werkzeug für Pflegekräfte, das ihnen einfache repetitive Tätigkeiten abseits ihrer Kernkompetenzen erleichtern oder abnehmen kann. Mittelfristiges Ziel des Vorhabens ist die Unterstützung von Menschen im 3. und 4. Lebensalter bei einem selbständigen und selbstbestimmten Leben durch fähige und intuitiv bedienbare Serviceroboter.

Wie profitieren künftig Bürgerinnen und Bürger davon?

Die anvisierte Technologie soll Menschen künftig ermöglichen, länger in den eigenen vier Wänden zu wohnen. Die resultierende Entlastung von Pflegekräften ist vor dem Hintergrund der wachsenden Personallücke und dem demographischen Wandel von hoher gesellschaftlicher Relevanz.

Wie steht es um Techniktransfer in die Praxis? Was ist noch zu tun?

Zwischen der prinzipiellen Demonstration von Anwendungen im Forschungskontext und einem fertigen Produkt liegen oft viele Jahre Entwicklungsarbeit. Dabei müssen Lösungen für spezielle Kontexte generalisiert und vor allem robust gestaltet werden. Darüber hinaus muss zur Erreichung der Marktreife ein ganzes Set an Normen und gesetzlicher Rahmenbedingungen eingehalten werden. Diese Entwicklungsschritte sind essentiell wichtig, damit technische Neuerungen den Markt und damit den Alltag erreichen können, versprechen aber kaum neue Erkenntnisse für den Forschungsbereich. Diese längerfristige Verwertungsperspektive über die Projektdauer hinaus wird in den geförderten Projekten vor allem durch Industriepartner abgebildet.

Wagen Sie einen Blick in die Zukunft: Wird Servicerobotik in der Pflege Erfolg haben?

Ein elementar wichtiger Erfolgsfaktor für die Servicerobotik in der Pflege wird es sein, die Endnutzer von Anfang an im Entwicklungsprozess einzubinden. Dies bezieht sich in unserem Fall vor allem auf Pflegekräfte, ältere Menschen und Krankenkassen. Ein besonderer Fokus wird außerdem auf Weiterentwicklungen im Bereich Sicherheit und intuitiver Bedienbarkeit liegen, Bereiche in denen das KoBo34-Konsortium bereits über viel Expertise verfügt.

Was ist aktuell der Status Quo der Technikentwicklung auf diesem Feld in Deutschland?

Der aktuelle Stand der Technik im Bereich der Servicerobotik reicht noch nicht aus, um im Bereich der Pflege eingesetzt zu werden. KoBo34 ist daher ein wichtiger Schritt diese Lücke zu schließen. Die EU-Staaten und insbesondere Deutschland sind aber führend im Bereich kollaborativer Roboter. Die Mehrheit der weltweit eingesetzten kollaborativen Roboter wurde und wird von europäischen Firmen entwickelt und der Großteil der führenden Forschung auf dem Gebiet ist hier angesiedelt. Die EU und insbesondere Deutschland haben also die Infrastruktur, das Know-How und die Ressourcen im Bereich kollaborativer Robotik eine Vorreiterrolle einzunehmen.

Hintergrund
Am 28. und 29. November 2019 trafen sich rund 120 Robotikexpertinnen und -experten bei einem Vernetzungstreffen in Berlin, um zu diskutieren, wie Roboter zu einem positiven Alltag beitragen könnten. Gemeinsam forschen sie in verschiedenen Verbundprojekten im Rahmen der BMBF Bekanntmachungsreihe „Roboter für Assistenzfunktionen“ (RA). Themenschwerpunkt ist Interaktionsfähigkeit. Weitere Projektbeteiligte aus der Industrie wie Matthias Krinke (pi4_robotics GmbH) und Jan Lingenbrinck (EDEKA Food Tech Projects ) geben ebenfalls Auskunft über ihre Projekte aus Praxissicht.